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Die Handtasche - Zwischen Kult und Gebrauchsgegenstand

Der Beruf des Feintäschners | der Feintäschnerin ist in Deutschland als selten und vom Aussterben bedroht eingestuft. Doch gäbe es ihn nicht, wäre die Damenwelt um eines ihrer wichtigsten und kultigsten Accessoires betrogen worden. Obwohl es zu Beginn seiner Entstehung ausschließlich dem Mann vorbehalten war, ist es einfach aus der Modewelt der Damen heute nicht mehr wegzudenken. Und nach und nach erobern die Männer sie wieder zurück. Es wird gegendert und gemixt und seit die Geschlechterfrage nicht mehr im Vordergrund steht, kann jeder wortwörtlich alles tragen was gefällt.

Im Mittelalter wurden zuerst nur von Männern Taschen aus Stoff oder Leder am Gürtel befestigt, oftmals unter der Kleidung. Gefertigt wurden sie von der Zunft der Beutler, aus dessen Handwerk das heutige hervorging. 

Aber schon ab dem 16. Jahrhunderten waren Handtaschen ein täglicher Gebrauchsgegenstand für beide Geschlechter. Für Geld und persönliche Gegenstände dienten meist Lederbeutel oder besticke Stoffbeutel. Schnell war klar, dass man an der Art und Ausführung auch Stand und finanzielle Situation des Besitzers ablesen konnte und so trug man sie öffentlich mit seinem Wohlstand zur Schau. Damit war die Handtasche, neben dem praktischen Nutzen, zugleich Statussymbol. Vor allem die Damen zeigten deshalb ihre Taschen gern und trugen sie gut sichtbar, daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Kupferstich aus einem Buch der mittelalterlichen Zünfte
Kupferstich aus einem Buch der mittelalterlichen Zünfte

Im 17.Jahrhundert begann die Entwicklung von speziellen Formen, wie z.B. der Geldbörse und der Brieftasche, in der ursprünglich wirklich Briefe und persönliche Dokumente aufbewahrt wurden. Natürlich durften bald auch Taschen zum sonntäglichen Kirchgang nicht fehlen und die oftmals aufwändig gestalteten Gebetsbuchtaschen waren Gradmesser des Standes.

 

Erst Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Handtasche zum hauptsächlich weiblichen Accessoire. Beginnend  mit einem kleinen Stoffbeutel am Handgelenk (Pompadur), kamen Ende des 19.Jahrhunderts die ersten Damenhandtaschen mit Bügel und auch Henkeln.

 

An der Veränderung der Handtasche lässt sich auch die Veränderung der Frauenrolle in der Gesellschaft darstellen. Mit dem Einstieg ins Berufsleben wurden die Handtaschen größer und praktischer. Heute ist die Handtasche beim Mann eher selten geworden, allerdings wird die Tasche im Berufsleben und Freizeitbereich auch bei ihm unverzichtbar. Frau wäre nicht Frau, wenn die Tasche nur eine praktische Ergänzung geblieben wäre und nicht längst zum modischen Details geworden ist. Abgestimmt auf Anlass und passend zum Outfit, haben sich spezielle Taschenmodelle zum Kultobjekt entwickelt. 

Leuchtende Beispiele, die bei mancher Frau den Puls hochtreiben, sind das 1930 designte Kelly Bag von Hermès, und die Birkin Bag (1980), die inzwischen fast schon eine Geldananlage ist. Die Flap Bag von Chanel (1955), die Baguette Tasche, das Musthave von Fendi und Lady Dior (1995), zu Ehren von Prinzessin Diana kreiert und auch vom Nichtadel heftig begehrt.

 

Die Materialien für Taschen werden immer vielfältiger. Kunstleder und Stoffe sind inzwischen hochwertig, strapazierfähig und langlebig. Filz aus Wolle und Synthetik und veganes Material, z.B. aus den Fasern der Ananas, wetteifern mit reißfestem, wasserfesten Papier. Neben allen Möglichkeiten die fast unerschöpflich sind, bleibt aber Leder immer noch ein beliebtes Material, welches durch den Trend zur Nachhaltigkeit und zum Tierwohl, wieder an Exklusivität gewinnt.